Theoretisch weiß ich wie man eine Gletscherseilschaft bildet. Theoretisch weiß ich wie man in einer steilen Rinne seinen Bergpartner absichert. Theoretisch weiß ich, wie man einen Standplatz zum Abseilen baut. Theoretisch weiß ich, wie ich mich selbst und aber auch meine Bergkameraden aus einer Gletscherspalte berge. Und nun weiß ich auch ganz offiziell, wie das praktisch alles geht. Denn ab sofort darf ich mich Übungsleiter Hochtouren, ausgezeichnet durch den Österreichischen Alpenverein, nennen. Ich bin zurück von einer knappen Woche auf dem Taschachhaus im Pitztal und habe reichlich neues Wissen im Gepäck und eben eine Auszeichnung, die mich nun befähigt, über den Alpenverein Hochtouren zu führen. Unsere Prüfungstour ging auf die Sexegertenspitze.

Das macht mich rückblickend ziemlich stolz und hat mich auch in meiner Eigenständigkeit am Berg, ein großes Stück voraus gebracht. Ein großes Dankeschön gilt aber auch meiner Gruppe Christiane, Steffi, Mathias, Christof und allen voran Bernhard unserem Bergführer, mit denen ich all diese Erlebnisse teilen konnte. Und wer ganz genau wissen möchte, wie eine Kurs-Woche so aufgebaut ist, der sollte unbedingt den Bericht von Casi lesen. Aus welchem Grund auch immer, hat er detailgetreu den Verlauf nachbilden können….ich hätte das so gar nicht mehr aufschreiben können.

Knoten, Spaltenbergung, Wetterkunde, Orientierung, Führung – nur ein paar der Schlagwörter

Die Woche mit unseren zwei Bergführern Stefan Zangerl und Bernhard Hotz war intensiv, absolut spitzenmäßig und voll gepackt mit vielen Stunden geballter Bergsteigerausbildung im Hochgebirge. Ob theoretische oder praktische Übungen – lehrreich war alles und ebenso wichtig. Einige Neuerungen waren auch dabei, genau wie ein qualmender Kopf und blaue Flecken. Aber Bergsteigen macht bekanntlich sexy genau wie steile Flanken aus Schnee und Eis zu erklimmen. Und das haben wir dann auch ganz praktisch gemacht, eben realitätsnah.

Die nördliche Sexegertenspitze (3348m) über die Nordostwand

Und dann ging es Nördlichen Sexegertenspitze vom Taschachhaus weg. In Richtung Sexegertenferner liefen wir gemütlich mit wenig Höhengewinn. Am Morgen war es noch etwas frisch und der Talwind tat sein übriges. Aber die Stimmung war bestens und auf dem Weg lernten wir bereits viel über das „richtige“ Tempo beim Führen einer Gruppe. Wie stiegen links hinauf über eine steilerer Rinne, während man aber auch den leichten Klettersteig hätte nehmen können oder auch durch das Eisfeld hinauf. Wie entschieden uns für die Rinne, um das richtige Absichern in diesen zu üben und einen gesicherten Nachstieg zu erreichen.

Oben angekommen, stapften wir noch einige Meter weiter hinauf, bis wir das Gletscherbecken des Sexegertenferner erreichten. Weiter links wäre es zum Urkundsattel hinauf gegangen, wir hingegen mussten uns rechts orientieren und den tatsächlichen Gipfel der nördlichen Sexegertenspitze bestimmen. Die interessante Route über die Nordostwand beherbergte im unteren Bereich aber auch eine massivere Serac-Zone, die eine gute Spurwahl forderte. Ich führte die Seilschaft an, und stieg erst steiler hinauf und querte nahezu gerade unter den Seracs vorbei, ein paar Spalten überquerten wir auch.

Führen ist nicht immer leicht

Durch das Gletscherbecken und die Nordabstürze dann einen kleinen Aufschwung wieder hinauf, bis ich ein „sicheres“ Plätzchen für eine Pause fand. Ein Führungswechsel und Aufteilung in zwei Seilschaften, ich bildete eine mit Mathias, der uns sicher durch die mit Schnee bedeckte Eiswand mit ca. 45 ° führte. Im mittleren Teil setzen wir Eisschrauben, da wir hier einen Teil Blankeis hatten. Das ging dann aber wieder in Stapfschnee über. Kurz unterhalb des Gipfels erreichten wir dann den Grat und kletterten über diesen auf den Gipfel. Eine ganz wunderbare und lehrreiche Tour war das. Über den Sexegertenferner ging es hinab und dann hinauf auf den Urkundsattel. Und auf der anderen Seite dann den Taschachferner hinunter zum Taschachhaus.

Aufregende weitere Übungsstunden rund um das Taschachhaus

Gratkletterei am Pitztaler Urkund und Spaltenbergung mittels Prusik, Münchhausen etc. waren intensive Einheiten. Genau wie Kartenstudium und Orientierung oder GPS-Koordinaten selbstständig aus der Karte heraus ermitteln. Alles in allem ein geniales Fortbildungspaket mit zwei tollen Bergführern und netten Kameraden. Jetzt darf ich also ganz offiziell führen und mein Wissen weitergeben für den Alpenverein.