Eingecheckt in Hotel Villa Argentina! ©wusaonthemountain.at

Im November 2014 mitten in der Nacht erwischte ich mich am Laptop. Ich gab meine Daten in ein Formular ein und wusste damals nicht was da eigentlich auf mich zukommen würde. Eigentlich galt dieses Wochenenden in den Dolomiten, Wu ersten so richtig langen Lauf. Den Lavaredo Ultra Trail mit 119km – aber wie das Leben eben so spielt, dieses Mal war einfach nicht der richtige Zeitpunkt. Daher rückte mein Cortina Trail in den Vordergrund.

Und deshalb machten wir uns am Freitag (26.06.) Richtung Cortina in den Dolomiten auf. Gar nicht so weit von uns entfernt, liegt das UNESCO Weltkulturerbe – das seinem Namen schon bei der Anreise alle Ehre macht. Unser Hotel Villa Argentina etwas oberhalb Cortinas haben wir auch gleich bezogen, bevor wir uns dann wieder runter nach Cortina aufmachten. Das Eisstadion, das definitiv in die Jahre gekommen ist, bot eine gute Möglichkeit für die Expo und die Startnummernabholung. Vorab wurde die Sicherheitsausrüstung kontrolliert, die medizinische Bestätigung beliebäugelt als ginge es um Leben und Tod und dann gab es auch schon meine Startnummer 2996 für den Cortina Trail mit 47,5KM und D 2650+. Nach einem kleinen Rundgang durch Cortina, wo die goldenen Jahre irgendwie schon vorüber sind, es aber trotzdem extrem viel Charme hat, ging es noch zu einem guten Italiener auf eine Pizza, dann zurück ins Hotel, um unseren Freund Daniel, ganz viel Glück für seinen bevorstehenden Start auf den 119KM zu wünschen. Während ich ins Bett stiefelte, machte er sich gemeinsam mit der besten Betreuerin der Welt, Sylvia, auf zum Start des Lavaredo Ultra Trail, der bereits um 23:00 Uhr gewesen ist. Daniel würde bereits einige Stunden unterwegs sein, wenn wir dann die letzten 47KM „gemeinsam“ liefen. Wir trafen uns tatsächlich auf der Strecke, aber dazu später mehr. Am Samstag um 07:00 nahm ich das Busshuttle hinunter zum Start, während Wu mit seinem MTB runter fuhr. Er würde die beiden Pässe, über die ich laufen musste anfahren und mich betreuen. Im Startbereich war schon ein bisschen etwas los – wir trafen neue und alte Bekannte. Darunter Normann und Betty und endlich auch Michael, mal persönlich außerhalb Facebooks. Wu war nervöser als ich, positionierte sich dann etwas weiter vorne im Startbereich, um mich dann noch mal zu sehen. Um 08:00 fiel der Startschuss, die 1000 Läufer setzen sich in Bewegung und ich war mittendrin. Gemeinsam mit Normann lief ich die ersten 2KM aus Cortina heraus, eine Straße, die uns in leichter Steigung in den Wald hinauf führte.

Cortina Trail: KM 0 – KM 17 – durch Wälder, Bäche und Flussbett

Raus aus Cortina, ging es über die Straße in seichten Serpentinen vorbei an ein paar Höfen, rein in den Wald. Die Straße wechselte zu einem Forstweg und zog sich die ersten 500HM gemütlich durch den Wald nach oben. Wir kamen außerdem an einem kleinen Tümpel vorbei. Immer wieder saßen Zuschauer am Wegrand und feuerten uns an.

Voll konzentriert beim Start! ©wusaonthemountain.at
Die Horde geht schon ©wusaonthemountain.at
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Und dann waren wir schon on the way ©wusaonthemountain.at

Noch war ich mittendrin in der Gruppe, die inzwischen von Laufen auf Gehen gewechselt hatte. Erst im oberen Bereich, als wir hinüber queren konnten auf der Ebene wurde gelaufen – auch ich konnte mich wieder zügig in Bewegung setzen. Die Ausblicke die uns geboten wurden, waren schon jetzt immer wieder der Wahnsinn. Die ersten 500HM lagen also bereits hinter uns, als es dann auf den ersten Downhill des Tages ging. Es lief rund und zügig, ich konnte ein paar Plätze gut machen und alles genießen. Wasser war unser ständiger Begleiter und machte schon deutlich, wo wir als nächstes hinkommen würden.

Downhill-Action ©wusaonthemountain.at
Ganz dahinten müssen wir noch hin! ©wusaonthemountain.at

Am Ende des Downhills ging es dann wieder hinauf, dieses Mal auf den längsten Anstieg des Tages mit knappen 1000HM. Zunächst noch durch den lichten Wald, erreichten wir dann bald die Ausläufe der Schlucht, über die wir dann, schon länger auf Singletracks, hinauf zogen. Weit oben konnte ich schon viele Läufer sehen, die Schlange zog sich endlos. Relativ steil ging es hinauf. Ich wechselte wieder zum Gehen, damit mir die Kraft nicht ausging. Irgendwann erreichte ich dann das Flussbett und Daniel überholte mich. Wir hatten kurz Zeit ein paar Worte zu wechseln – ihm würde es nicht so gut gehen, hatte er gesagt. Im gleichen Augenblick dachte ich mir nur, es könne ihm aber auch nicht soooo schlecht gehen, denn immerhin gehörte er zu den ersten Ultras, die uns inzwischen ein-/und überholten. Er verschwand weiter vorne und ich drückte ihm weiterhin die Daumen.

Das unbeschreiblich schöne Flussbett ©wusaonthemountain.at
Da gehts durch! ©wusaonthemountain.at
Und immer weiter…©wusaonthemountain.at
…dann wieder durch das Wasser ! ©wusaonthemountain.at

Das Flussbett war laufbar und die Abkühlung durchs Wasser genial. Dann ging es weiterhin durch ein paar Serpentinen hinauf zur ersten Verpflegungsstelle des Cortina Trails. Das war bei KM17 und das Wasser kam mir gerade recht. Ich hielt mich nicht lange auf – füllte meine Flaschen auf und lief weiter.

KM 17 – KM 23 – mit aufgefüllten Wasserspeicher, über die Forc. Col dei Bos zum Rif. Col Gallina

Ich befand mich also noch immer auf dem längsten Anstieg, trank viel und aß meine ersten Riegel und Gels. An Laufen war hier so oder so nicht zu denken. Denn im zügigen Schritttempo kamen die meisten um mich herum, inklusive mir, besser voran.

Rückblick – da hinten war die Wasser-Labe..©wusaonthemountain.at
Und da müssen wir rauf….©wusaonthemountain.at
Rückblick…weil es so schön war! ©wusaonthemountain.at

Der Weg war schmal, ziemlich felsig und in der Ferne sahen wir die Scharte zu der wir eben noch hinauf mussten. Es zog sich ewig bis zum Col dei Bos, obwohl die Gegend atemberaubend war. Danach sollte es nur noch bergab zur ersten großen Labestation Rif. Col Gallina gehen. Dort würde auch Wu auf mich warten. Ich erreichte die Scharte und wie geplant – jetzt ging es bergab. Und wie – ich konnte es krachen lassen, wollte so schnell es ging zur Labestation, Zeit gut machen, die ich bergauf nicht rein laufen konnte und endlich auch Wu davon erzählen, dass es hart aber wunderschön sei. Ich lief und lief, ließ einige hinter mir. Und dann bog ich um eine Ecke, es ging in drei Serpentinen wieder bergauf. Was man in diesem Moment denkt, kann sich jeder vorstellen. Ich gab Gas, gehend, aber ich gab Gas. Ein weiterer deutscher Teilnehmer, versuchte ein Gespräch mit mir aufzunehmen, ich entschuldigte mich und sagte ich müsse jetzt wirklich zügig weiter. Denn auch ein Cut-Off von 07:30 Std. lag mir schwer im Hinterkopf. Bis dahin war es aber noch ein ganzes Stück. Dann ging es an den alten Wehr-/Kriegsruninen vorbei und endlich über einen richtig steilen Downhill hinab zum Rif. Col Gallina.

Downhill über eine Forstraße! ©wusaonthemountain.at
Ui, das sind aber schön Ruinen! ©wusaonthemountain.at

Mit einer Zeit von 04:27 flog ich über die Zeitmatte und Wu quasi in den Arm. Ich freute mich sehr ihn zu sehen. Aß etwas und trank viel. Gute drei Stunden hätte ich jetzt für den nächsten Abschnitt und zur Cut-Off Station Zeit. Das sollte machbar sein und schon war ich wieder on the way!

KM 23 – KM29 – die Cut-Off Zeit im Nacken, hinauf zum Rif. Averau und zum Passo Giau

Nach einem Motivationsbussi lief ich die ersten Meter etwas hinab entlang der Passstraße. Nach ein paar Minuten traf ich noch mal auf Wu, der wartete, bevor wir rechts abbogen, um zwischen Bäumen und einer Felswand sehr steil die nächsten 400HM hinauf zum Rif. Averau zu starten.

Ah – da ist ja noch mal der Wu..©wusaonthemountain.at
…und erwischte mich freudestrahlend! ©wusaonthemountain.at

Inzwischen waren wir eine richtige Gruppe, wechselten abermals zum Gehen und zogen die knackigen Serpentinen hinauf. Es wurde anstrengend, aber ich kam flüssig durch, erreichte dann oben eine Querung, die uns unterhalb der Gondel weiter hinauf zum Rifugio führte.

Da gehts rauf…©wusaonthemountain.at
Fotopause – von da gegenüber kommen wir her! ©wusaonthemountain.at

Es blieb Zeit für Fotos – zumindest nahm ich mir die, genau wie die meisten anderen Läufer um mich herum. Dann ging es gemeinschaftlich unter Jubelrufe der Zuschauer immer höher, wo wir dann endlich das Rifugio erreichten.

Wege nach meinem Geschmack… ©wusaonthemountain.at

Dort trank ich warmen Tee, ziemlich viel, machte mich dann aber sofort wieder auf den Weg. Denn gefühlt hätte es jetzt erst einmal nur noch bergab gehen sollen bis zum Passo Giau. Die ersten Kilometer ging es dann über eine Forststraße bergab, bevor wir dann auf einen Wanderweg abzweigten. Es ging schräg hinüber in Richtung einer Scharte von der ich dann wusste, das wir rauf mussten. Halb so wild war das – nur 100m wirklich steil, dann ging es sagt querend über Almboden und später felsigen Track endlich zum Passo Giau.

Querung zur nächsten kleinen Anhöhe ©wusaonthemountain.at
Noch einmal sehr steil! ©wusaonthemountain.at
Geschafft – dann nur noch da hinten zum Passo Giau! ©wusaonthemountain.at
Mein erstes GoPro-Selfie, das man auch anschauen kann! ©wusaonthemountain.at

Das Cut-Off schaffte ich leicht. Nach 06:18Std. durchlief ich die Zeitmatte und war noch reichlich von den 07:30Std. enfernt. Ab jetzt musste ich mir keine Sorgen mehr machen. Wu konnte ich leider nicht sehen, daher rief ich ihn kurz an, dass ich bereits am Passo Giau durch sei. Er hatte sich verfahren, würde dann aber fix auf mich im Ziel warten. Ich solle Gas geben. Tat ich dann auch noch mal – versuchte alle Reserven auszunutzen.

KM 29 – KM 38 – über die Forc. Giau zum Rif. Croda da Lago und einer Uhr die spinnt

Nachdem ich wusste, das ich jetzt eigentlich gut in der Zeit lag, lief ich zügig und mit einem guten Gefühl weiter. Ab jetzt sollten es „nur“ noch 17KM insgesamt sein. Die sind immer zu schaffen. Es ging über Almböden zunächst auf der Ebene weiter, dann einen kleinen Stich hinauf auf eine Scharte, bevor es auf der anderen Seite wieder kurz hinunter ging. Wir mussten dann einen langen Kessel queren, an dessen Ende ich schon sah, wie steil wir noch einmal hinauf mussten. ich musste schmunzeln, einzig die Tatsache, das es hier so wunderschön war, ließ mich die bevorstehende Anstrengung vergessen.

Warum steht Ihr denn da vorne? Einfach nur drüber kraxeln! ©wusaonthemountain.at

Hier gingen die meisten dann nur noch sehr langsam rauf – jemand kippte mir rückwärts entgegen. Ein Krabbeln auf allen vieren, hätte vielleicht geholfen. In meinem Fall leisteten meine Stecken ganze Arbeit. Auch dieses steile Stück endlich überwundern, konnte nun endlich wieder richtig gelaufen werden. Ganz leicht, aber stetig etwas bergab, ging es über Singletrails zu einer letzten Scharte, die wir noch hinauf mussten. Dieses Stück war so unglaublich schön, das ich es gar nicht in Worte fassen kann. Mir tat nichts weh, ich fühlte mich noch immer stark und konnte Tempo machen.

Von da hinten oben kommen wir her…herrlich! ©wusaonthemountain.at

Jetzt ließ ich wirklich einige meiner Mitstreiter hinter mir, schaute auf meine Uhr und freute mich. Da standen nämlich schon fast 47KM …dann könne es ja nicht mehr so weit sein. Ein Blick in die Ferne machte aber schnell deutlich…irgendwie scheint die Uhr doch zu spinnen – denn es war ja noch immer ein langes Stück bis zum Rif. Croda da Lago.

Also versuchte ich nicht mehr auf die Uhr zu schauen, sondern nur noch zu laufen. Noch ein mal kurz bergauf und dann konnte man es schon sehen, das nächste Rif. und unsere letzte Verpflegungsstation des Tages.

 

…und da müssen wir noch rauf! ©wusaonthemountain.at

Ich füllte meine Falschen auf, trank noch mal Cola und aß Schokolade. Ab jetzt dann nur noch bergab, laut meiner Uhr auch eigentlich nur noch 0KM. Ein Schild machte aber deutlich – 9KM würden wir noch haben.

KM 39 – KM 47,5KM – ein Downhill der keine Wünsche offen ließ und ein Finish der Extraklasse

Es ist ziemlich unbeschreiblich wenn man von der letzten Labestation weg läuft und weiß, bald ist es geschafft. Viele Stunden lagen schon hinter mir, so wahnsinnig viele Eindrücke und Anstrengungen ebenso und jetzt musste ich einfach nur noch bergab laufen.Das tat ich auch, drängelte mich vor Läufer die den Downhill nicht mehr schnell laufen konnten, oder das falsche Profil unter ihren Füßen hatten. Denn zwischendrin war es doch recht rutschig, matschig und wurzelig. 🙂

Was wäre ein Downhill, wenn man nicht auch noch mal kurz bergauf muss? ©wusaonthemountain.at

 

Traumhaft und dann spuckte uns der Trail nach einigen Kilometern, auch einigen Metern immer wieder bergauf auf schönem Waldboden, wieder auf einer Forstraße etwas oberhalb Cortinas wieder aus. Jetzt einfach nur noch laufen lassen – nicht mehr darüber nachdenken. es zog sich noch eine halbe Ewigkeit. Aber ich konnte noch immer super laufen….und dann war er da, der letzte Kilometer, angekündigt durch ein Schild am Straßenrand. Den letzten Kilometer ging es über die Straße, die uns dann direkt zum Ziel brachte. Meine Uhr zeigte inzwischen 60 KM an, ich musste lachen! Die Menge feuerte mich noch mal an, dann nahm ich alle Kraft zusammen und legte einen Sprint ein.

 

Zielsprint ©wusaonthemountain.at

Wu stand auch schon im Ziel, ich riss die Arme hoch und dann war es geschafft! 09:16Std. zeigte die Uhr, eine Gratulation vom Moderator und eine geniale Finisher-Weste gabs oben drauf!  47,5KM und 2650HM+ lagen hinter mir!

Geschafft, happy und in Gedenken an Milka – unser Labradorhündin! ©wusaonthemountain.at

Ich fiel Wu in den Arm! Geschafft! Nach der Flaute auf La Palma, glich der Cortina Trail einem Befreiungsschlag! Wahnsinns Rennen, wahnsinns Stimmung und wahnsinns Strecke!

Daniel finishte seinen 119KM-Lauf auf Platz 51 overall mit einer Zeit von 16:40Std. und ließ ausrichten, das sie im Hotel auf uns warten würden! Michael stand auch da – er finishte den Cortina Trail sogar als 10ter mit einer Zeit von 05:25Std. und lachte nur: „Ja momentan läuft es gut bei mir“…. das ist Trailrunning, das sind Emotionen, die kaum erklärbar sind, man muss es selbst erleben!

Den Abend verbrachten wir dann noch mit Sylvia und Daniel, gemeinsam mit unseren sehr guten lieben Freunden Simon und Heli, die extra eine Schleife über Cortina in ihren Urlaub gefahren sind. Pizza gab es, Bier auch und einen Abend voller Freude. Dankeschön!

Danke an meinen Betreuer Wu, der zwar selber dieses Mal nicht gelaufen ist, mich aber sehr beim Cortina Trail unterstützt hat! Hat auch etwas für sich! 🙂 Und natürlich an unsere lieben Freunde, es ist schön Euch zu kennen!

Am Sonntag haben wir dann noch die Drei Zinnen gemeinsam unsicher gemacht – die einen per MTB, ich per Auto und dann ganz langsam zu Fuß! Schön war´s – einfach ein perfekter Kurzurlaub! Danke!

Alle Ergebnisse etc. gibts auf der offiziellen Seite – und auch die Information wann den die Anmeldungen wieder geöffnet werden! 🙂

Foto von der Strecke! ©wusaonthemountain.at