Endlich einer dieser Tage, die wir nutzen können um ausgiebig lange unterwegs zu sein. Außerdem bietet es sich an, endlich die Dinge zu tun, die wir immer schon mal machen wollten. Klar, diesen Tag könnten wir auch für Dinge nutzen wie Rasen mähen oder aufräumen – aber in Anbetracht unserer anstehenden Expedition, schadet es auch nicht mal wieder länger unterwegs zu sein. Und weil sogar ich inzwischen seit sieben Jahren daran vorbei fahre, es aber nie gemacht habe, war unser Tagesziel schnell klar. Wir gehen die Überschreitung der Hagengebirgs-Ostflanke: Von der Sulzau hinauf auf den Tristkopf, dann über den langen Grat hinüber zum Rifflkopf und über den Hochwiessattel und den steilen Weg hinunter nach Tenneck.

Der Tristkopf ruft zum dritten Mal in diesem Monat

Wir fahren mit beiden Auto, stellen das eine in Tenneck am Parkplatz ab und fahren mit dem anderen weiter in die Sulzau. Startpunkt unserer heutigen Tour und die des Tristkopfs. Hier startet der Weg Nummer 450. Wir laufen durchs Werksgelände um dann links in den Wald abzuzweigen. Es ist bereits richtig warm und wir kommen ins schwitzen. Die unzähligen Serpentinen den Wald hinauf nehmen kein Ende – Luke rennt alle doppelt. Diese Energie hätten wir gerne. In diesem Monat sind wir bereits zum dritten Mal in Richtung Tristkopf unterwegs.

Wir erreichen die Brunnalm und duschen erst einmal. Na also soweit es eben möglich ist. Das kleine Rinnsal reicht aber um etwas zu trinken, Kopf und Beine nass zu machen. Dann geht es weiter. Nach Laubwald durchlaufen wir jetzt den Nadelwald und wir queren nach rechts in das große Kar unterhalb des Tristkopfes. Steil aufwärts, dann auf einem Band nach rechts in das Hochtor. Nach weiteren steilen 150 Höhenmetern begrüßt uns dann das Gipfelkreuz des Tristkopfs (2210m). erst einmal eine kurze Pause. Wir nutzen diese um uns anzusehen wo unser Weiterweg, der nicht markiert ist, ausschaut. Ein kleines bisschen Abenteuer.

Gratkraxelei und ganz viel Latschentango auf dem Weg zum Rifflkopf

Luke bekommt sein Tragegeschirr an und wir machen uns auf den Weiterweg. Ein kleines Stück Richtung Osten runter vom Gipfel zum Grat. Wir folgen genau diesem  teilweise sehr schmalen und felsigen Grat nach Süden absteigend. Luke fürchtet sich etwas, Wu trägt ihn daher sehr häufig. Kurze stellen sind im I.-Grat, es ist ziemlich brüchig bis wir die kleine scharte erreichen über die es dann wieder hinauf zur Tristkarschneid geht. Inzwischen hat Luke wieder Freude und wir den felsigen Teil größtenteils hinter uns. Aber wir stehen jetzt mitten im Gemüse, also in den Latschen. Nur hier und da erkennt man noch einen Steig, meistens ist er aber zugewuchert. Wir kämpfen uns durch – sprichwörtlich. Die blutigen Schrammen am Bein zeugen davon: Sommerbeine ade. Auf und ab, auf und ab und dann kommen wir endlich wieder auf weitläufiges Gelände.

Nach zwei deutlichen Erhebungen kommen wir auf das Bergeralmschartl – über die Schneid ist der Wu bereits mit den Ski abgefahren. Abgefahren, denke ich mir. Gruselig steil. Wir gehen rechts weiter und dann über den Wassersteinkopf (2223m) und weiter nach Süden zum Aufstieg des Rifflkopfs. Wer hier Wegmarkierungen sucht, sucht vergebens. Uns trennt nur noch eine kleine Wand vom Gipfel. Weil wir Luke den Stress ersparen wollen, warte erst ich und dann Wu mit dem Gipfel. Über eine I.-Stelle schnell hinauf und dann zum Kreuz-losen Gipfel. Die Aussicht ist gigantisch – wirklich gigantisch, denn wir stehen auf einem Giganten, der so selten besucht ist, dass das Buch bis zum Jahr 1982 zurück reicht. Wir gönnen uns die erste längere Pause des heutigen Tages.

Wann sind wir endlich da?

Wu navigiert uns runter vom Gipfel hinab zum Abstiegsweg. Die grenzenlosen Weiten des Hagengebirges wirken absolut sureal. Unglaublich. Menschen haben wir heute nur am Tristkopf gesehen, hierher verirrt sich wirklich kaum einer. Am Ende des Tages würden wir verstehen warum. Über den Wassersteinkopf erreichen wir dann den Abstiegsweg, der dann wieder markiert ist. Wu entschließt sich noch schnell auf das Hochgeschirr (2254m) rauf zu sprinten.

Ich entscheide mich für ein Pausenplätzchen in der Sonne mit Luke. Nach 2100 Höhenmetern reicht es mir für heute. Wu kommt recht zügig wieder und wir nehmen den langen, langen Abstieg nach Tenneck in Angriff. Nächster Stop ist die verfallene Karalm – hier kann man das erste Mal wieder etwas trinken, sofern die Quelle Wasser führt. Bis zur Karalm ist es wirklich schön, aber sehr zugewuchert. Man muss die ganzen Pflanzen schon mögen, denn sie streicheln einen die ganze Zeit. Und es ist steil – wie steil ein Weg allerdings sein kann, wird uns dann erst im Wald klar. Aber der Rückblick auf den Rifflkopf ist gigantisch.

Serpentine um Serpentine runter um Rifflkopf

Serpentine um Serpentine geht es runter, also eigentlich fast gerade. Unlustig. Und alles ist so zugewuchert. Es will auch kein Ende nehmen, wenigstens sind wir der Sonne gerade nicht so ausgesetzt. Irgendwann hören wir dann Blühnbach – bald sollte es geschafft sein. Hier und da nehmen wir noch eine Abkürzung und dann endlich erwischen wir die Straße zurück nach Tenneck. Als wir am Auto ankommen blicken wir zurück. Nein, es war toll, das ist unbestritten, aber so schnell sieht uns der Rifflkopf nicht wieder. Wenn es wer so richtig mühsam mag, steil und einsam und das über 1700 Höhenmeter, dann wird er den Aufstieg auf den Rifflkopf, den wir als Abstieg genutzt haben, lieben. Ach so und Pflanzen solltet Ihr auch mögen. 21 Kilometer und 2300 Höhenmeter insgesamt.