Was für ein Tag der Sonntag (04.12.) nur war. Er begann fröhlich, sonnig und unbefangen. Wir hatten uns dazu entschlossen auf weite Wege zu verzichten und einfach noch mal auf Christians Lieblingsgipfel, das Große Fieberhorn zu steigen. Über die Grießscharte, wie immer. Und wie immer starteten wir beim Parkplatz Unterholz weg. Die Sonne schien abermals bereits wärmend vom Himmel runter und wir quatschten. Luke schnüffelte wie immer durch die Gegend. Als wir die Mahdegg Alm erreichten, schauten wir bereits auf unser Tagesziel, das wie immer in einer wunderschönen Dreier-Formation weit oben stand. Kurz ließ ich den Gedanken zu, dass es in der Grießscharte schon etwas eisig sein könnte und sprach es auch aus. Und wie immer sagten wir uns, dass wir uns die Lage erst einmal vor Ort anschauen würden, bevor wir entscheiden. Also gingen wir weiter.

Alles ist wie immer.

Wir nahmen einen eher selten begangenen Weg. Der durch den Suppenwald. Da ist eindeutig wenig los, auch dieses Mal. Und dann kreuzten wir den Grießschartenweg über den wir hinauf in Richtung Hiefler immer weiter hinauf stapften. Unterhalb des Hieflers querten wir nach links. Unter Beobachtung der Gämse stiegen wir immer weiter hinauf, leider nicht ganz so elegant wie die Gämse in weitaus steilerem Gelände über uns. Aber wir genossen die Ruhe und die Sonne und die tierische Begleitung. Der Grießscharte nähert man sich in vielen Serpentinen, die zunehmend steiler werden. Am Sonntag erschwerte etwas Schnee das Vorwärtskommen, weil man nach jedem Schritt immer gleich auch einen halben wieder zurück gegangen ist. Aber wir kamen trotzdem halbwegs voran. Kurz vorm Einstieg in die leichte Kraxelpassage, überholte uns noch ein Berggeher. Er steig zu erst in die Grießscharte ein und machte deutlich das ein Vorwärtskommen leichter als gedacht war. Es lag zwar Schnee drin und hier uns da eine leichte Vereisung der Felsen, aber halb so wild. Wir stiegen ebenfalls ein und die ersten Meter gingen sehr gut zum stapfen. Auch Luke kam gut voran. Wir schauten genau, wo wir hin stiegen. Wu war mit Luke vor mir und ich konnte deren Spuren nutzen. Alles war ok. Alles war gut.

Was ist denn das?

Wir machten die ersten Meter zügig, kamen gut voran. Wie immer eben. Während ich das steiler durch den Schnee gestapft bin und etwas über mir bereits Wu und Luke auf mich warteten, musste ich noch einen größeren querenden Schritt entlang eines Felsvorsprungs machen. Und als ich diesen Schritt setzen will, überkommt es mich mit rasender Geschwindigkeit. Es lähmte und machte mich bewegungsunfähig. Dann stand ich da konnte nicht vor und nicht zurück. Da war sie also. Die Angst. Überraschend, quasi schon in Vergessenheit geraten, drängte sie sich ganz stark in den Vordergrund. In einer Scharte die ich bereits mit Ski gefahren bin, an einer Stelle, die ich schon tausend mal überschritten hatte und die offensichtlich eigentlich keine Schwierigkeiten darstellte. Ich habe schon weitaus schwierigere Situationen gemeistert. Und jetzt gerade in diesem Moment machte mir der Schnee und die leichte Eisschicht extreme Probleme. Einfach so, völlig unerwartet. Angst war schon länger kein Thema mehr und ich kann Euch auch gar nicht sagen, warum es mich erwischt hat. Ganz plötzlich. Ich sammelte mich, atmete tief durch. So wie es beispielsweise auch Erika in Ihrer Serie rund um das Thema Angst beim Klettern bereits empfohlen hatte. Ganz tief und ruhig atmen und den schlechten Gedanken keinen Platz einräumen. Wu sprach mir gut zu, war selber überrascht dass ich offensichtlich gerade Probleme hatte. Und er half mir. Diese eine Stelle war gar nicht schlimm und objektiv betrachtet war das alles gar nicht schlimm. Wir kamen oben in der Sonne und damit am Ende der Grießscharte an. Wohlbehalten. Und eigentlich ganz unspektakulär. Mein Kopf war leer und ich sammelte mich erst einmal. Ruhte mich in der Sonne kurz aus. Verrückt – wo kam das plötzlich her? Schon tausend mal hier hoch gegangen.

Wenn der Kopf leer ist am Großen Fieberhorn.

Luke und Wu stiegen noch das kleine Stück hinauf auf das Große Fieberhorn. Ich blieb in der Sonne sitzen, grübelte nach und ließ mich von der Sonne wärmen. Ein bisschen Unwohlsein vorm Abstieg hatte ich auch. Aber ich wusste Wu würde mich gut wieder runter bringen. Als die beiden vom Gipfel zurück kamen, begannen wir mit dem Abstieg. Und wie selbstverständlich stiegen wir ab. Auch ich. So wie immer. Unkompliziert. Ja ein bisschen aufpassen mussten wir schon, aber das muss man ja immer. Wir waren zügig wieder unten. Ohne Angst und mit festen Boden unter den Füßen. Alles kein Problem. Zurück bei der Eiskapelle zogen wir dann auch die dicken Jacken wieder aus. Ein schöner Tag war das. Wir stiegen ab über die vielen Serpentinen bis wir bei der Mahdegg Alm ankamen noch einmal zurück blickten. Wir erreichten das Auto fuhren nach Hause. 1200 Höhenmeter. So wie immer. Fast immer.